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Nach dem Tsunami: Michaela Kuhl im Interview

Als sie 2004 den Tsunami in Südostasien überlebt, wirkt sich dies einschneidend und prägend auf ihr Leben aus. Die Kunst wird zunächst zur wichtigen Bewältigungsstrategie und dann zur größten Leidenschaft. Sie experimentiert mit unterschiedlichsten Materialen, studiert verschiedene Techniken, besucht Kurse an Kunstakademien und wird Kunsttherapeutin.

Wann wussten Sie, dass Sie Künstler werden wollen?

Als ich 2004 den Tsunami in Südostasien überlebt habe, hat sich das einschneidend und prägend auf mein Leben ausgewirkt. Gemalt habe ich schon immer. Aber damals wurde die Kunst zunächst zur wichtigen Bewältigungsstrategie und dann zur größten Leidenschaft. Ich hatte nicht mehr die Wahl, ich musste malen. Das war meine Initialzündung für ein Leben als Künstlerin.

Welcher ist Ihr, noch lebender, Lieblingskünstler?

Es gibt zwei Lieblingskünstler: Yayoi Kusama, weil mich ihre Lebensgeschichte so berührt. Sie war ihrer Zeit immer voraus. Und sie hat gezeigt, dass man als Künstler nicht nur verrückt sein darf, sondern es sogar sein muss, um im übertragenen Sinne über den Rand des Bildes hinauszumalen in die Freiheit.
Anish Kapoor, weil er gerade in der Phase, als er mit rotem Wachs arbeitete, eine besondere Wucht in seinen Werken zeigte. Dieser gewaltigen Kraft, die auch in späteren Werken zu spüren ist, kann man sich nur schwer entziehen. Es ist diese Energie in seinen Werken, die mich fasziniert und die zu meiner Lebensphilosophie passt, sich Herausforderungen zu stellen und Krisen zu meistern.

"Meine Kunst soll den Menschen verdeutlichen, dass Herausforderungen und Gegensätze zum Leben dazugehören und sogar nötig sind, um Weiterentwicklung voranzutreiben."

Was möchten Sie mit Ihrer Arbeit beim Betrachter hervorrufen?

Meine Kunst dringt tief in die Seele ein und verdeutlicht, dass Herausforderungen und Gegensätze lebensnotwendige Impulse für persönliches Wachstum sind. Das Leben selbst ist ständige Veränderung, und es liegt an uns, die Bedingungen für unser eigenes Wachstum zu schaffen.
In meinen Werken enthülle ich diese Transformation Schicht für Schicht. Betrachter können nicht nur die äußere Erscheinung erforschen, sondern auch die tiefsten Ebenen des Wandels. Die Kunst erlaubt mir, Emotionen auszudrücken, wenn Worte versagen. Ich nutze auch poetische Texte, um die Gefühle von Menschen aus allen Zeiten einzufangen. Betrachter haben die Wahl: Sie können das Werk wortlos auf sich wirken lassen oder durch den poetischen Titel einen universellen Zugang finden.

"Und oft bergen die schwierigsten Momente das größte Potential. Beim Erschaffen jeden Werkes gibt es einen Moment der Unzufriedenheit. Dieser wichtige Moment ist der Motor für Weiterentwicklung. Hier entsteht eine Chance, Großartiges zu erschaffen."

Was ist die interessanteste Interpretation, die Sie von Ihrer Arbeit gehört haben?

„Was mich an diesem Bild besonders einfängt, sind die kräftigen Farben, die transportierte Tiefe, die Anarchie, die trotzdem Struktur hat.“ Und: „Ich schätz den feinen Sinn für Farben und Materialien und die permanente Entwicklung und Experimentierfreude, die Deine Bilder ausstrahlen.“
Beide Interpretationen finde ich deshalb so interessant, weil sie zum Ausdruck bringen, was ich selbst in meinen Bildern sehe, ohne dass ich vorher mit den Käufern gesprochen hatte.

Woher nehmen Sie Ihre Inspiration für Ihre Arbeiten?

In meinen Werken steht unverrückbar der Mensch im Mittelpunkt, sein Seelenleben, seine Leidenschaften und seine unaufhörliche Evolution. Trotz der schier endlosen Bandbreite an Unterschieden und Widersprüchlichkeiten ist der Mensch und seine stetige Entwicklung das unerschütterliche Fundament meiner Kunst. Diese kraftvolle Quelle der Inspiration speise ich sowohl aus den Menschen, die mich zutiefst bewegen, als auch aus den Schätzen der Literatur.

"Wenn etwas in mir wachsen will, ist es an mir, die Bedingungen zu schaffen, dass es wachsen kann."

Was ist das Beste daran Künstler zu sein?

Die Freiheit. Ich liebe die Freiheit im kreativen Prozess und die Freiheit, dort leben und arbeiten zu können, wo ich gerade die größte Inspiration bekomme, sei es im Allgäu, am Gardasee oder irgendwo sonst auf der Welt. Und die Möglichkeit, einen Ausdruck zu finden, ohne Worte zu benutzen, um dann über die Kunst wieder zu den Worten zu finden.



Können Sie Ihre Techniken und Ihren künstlerischen Schaffensprozess beschreiben?

Mein Leben besteht wie meine Kunst aus Widersprüchen. Genau hier liegt die Herausforderung, an inneren Spannungszuständen zu wachsen, den Bogen zu spannen, das Ziel ins Auge zu fassen und dann loszulassen. Und oft bergen die schwierigsten Momente das größte Potential. Beim Erschaffen jeden Werkes gibt es einen Moment der Unruhe und Unzufriedenheit. Dieser wichtige Moment ist der Motor für Weiterentwicklung. Hier entsteht eine Chance, Großartiges zu erschaffen.
Ich arbeite in sehr vielen Schichten mit immer neuem Material (Baustoffe, Bitumen, Spachtelmasse, Steinmehle, Asche, Pigmente, Acryl, Tusche, Beize, Kohle, Kreide, Filzstift, Papier, aktuell vor allem Kaffee…), bis zu dem Moment, wo eine aus einer großen Gegensätzlichkeit heraus eine tiefe Entspannung und das Gefühl von Stimmigkeit eintritt.

„Es ist nie zu spät, der zu sein, der du hättest sein können.“ (George Eliot)



Was war Ihr überraschendster Moment ihrer bisherigen Kunstkarriere?

Der erstaunlichste Augenblick, war jener Moment, in dem sich vor meinem inneren Auge mit unbestreitbarer Klarheit offenbarte: Kunst ist das, was ich ausschließlich tun will und tun muss.

Welche Anschauung haben Sie auf unsere Welt und ihre Gesellschaft?

Unsere Welt und Gesellschaft sind ständig in Bewegung. Daher ist es wichtig, sich aktiv mit verschiedenen Meinungen und Sichtweisen auseinanderzusetzen. Viele Menschen bleiben jedoch in ihrer eigenen Blase und akzeptieren deren Meinungen als die einzige Wahrheit. Deshalb ist es notwendig, aus dieser Komfortzone auszubrechen, um ein breiteres Verständnis zu entwickeln. Informationen sind heute leicht zugänglich, aber es erfordert Anstrengung, verschiedene Perspektiven zu recherchieren und zu hinterfragen. Mein Ziel ist es, dass mehr Menschen sich bemühen, alle Seiten eines Themas zu verstehen, anstatt nur oberflächlich zu urteilen. Dies fördert eine offenere und vielfältigere Diskussion, die unserer Gesellschaft zugutekommt.

"Die junge Erde öffnet sich" -Acryl, Beize, Steinmehl, Asche, Rost, Kreide und Filzstift auf Leinwand 80x80

Welcher Aspekt des kreativen Prozesses gefällt Ihnen am besten?

Der Anfang fällt mir immer am schwersten, wenn die Leinwand noch leer ist. Es geht dann darum, einen wichtigen Schritt zu machen und seine Komfortzone zu verlassen. Der beste Moment ist der, wenn aus einem Spannungszustand, einer Unzufriedenheit heraus etwas entsteht, das sich stimmig anfühlt. Das sind Momente reinen Glücks.

"Wer jetzt kein Haus baut" - Rost, Acryl, Kaffee, Beize, Papier, Kohle und Bitumen auf Leinwand 80x80



Was sind Ihre nächsten Projekte, Ideen und Ausstellungen? Wo kann man Sie und Ihre Kunst zeitnah sehen? 

Ich tauche gerade intensiv in die Welt der Gegensätze und des Lebensparadoxons ein. Unsere Erfahrungsmöglichkeiten werden immer weiter, aber unsere Weltanschauungen werden enger. Wir erwerben umfangreiches Wissen, verlieren jedoch an Vernunft. Wir haben die Macht, die Welt in Sekunden zu verändern, aber es fällt uns immer schwerer, uns selbst zu ändern. Diese Gegensätze erzeugen eine quälende Spannung, die den Drang zur Veränderung auslöst. Oft geht es darum, diese Ambivalenzen zu entschärfen, um einen Zustand ohne Spannung zu erreichen. Manchmal erfordert es jedoch kein äußeres Handeln, sondern das innere Akzeptieren. Wir müssen lernen, Ambivalenzen auszuhalten und mit ihnen zu leben. Dies ist ebenso entscheidend für unser inneres Wachstum.
Dafür versuche ich gerade in meiner Kunst einen Ausdruck zu finden.
Meine Kunst ist dauerhaft auf meiner Homepage zu sehen, es wird jedoch in Kürze auch Veranstaltungen in ausgewählten Galerien und Hotels geben. Mehr Informationen, auch zu tagesaktuellen Veranstaltungen, sind auf meiner Homepage zu finden.

Verfügbare Kunstwerke und Informationen zu Michaela Kuhl unter:

https://www.michaelakuhl.com

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