Selbstbestimmt leben: Interview mit Daniela Bieler
Ihre Entschlossenheit, sich als Künstlerin einen Namen zu machen, erlangte Daniela Bieler, als sie 2019/20 für sieben Monate in Chile lebte. Dort wurde sie Teil der damaligen ausschreitenden Protestbewegung für soziale Gerechtigkeit. Während dieser rauen Zeit erfuhr sie am eigenen Leib, was es bedeutet, sich gegen gesellschaftliche Normen aufzulehnen und für sich und seine Freiheit zu einzustehen. Diese Erfahrung inspirierte Daniela zu zahlreichen Aktgemälden wie auch abstrakten Werken, die sie noch in Santiago de Chile kreierte.
Wie kam es zum Verkauf Ihres ersten Kunstwerkes?
Zum Verkauf meines ersten Kunstwerkes kam es über Social Media. Nachdem ich 2018 angefangen hatte, meine Kunst auf Instagram zu teilen, kontaktierte mich meine erste Kundin und fragte mich nach einer Auftragsarbeit.
Was schätzen die Sammler Ihrer Werke am meisten an Ihrer Kunst?
Aus erster Hand weiß ich, dass einige meiner Kunden meinen ungezwungenen, ehrlichen, frechen und teilweise provozierenden Malstil bewundern. Meine Aktgemälde zeigen viel, aber nicht zu viel, wie eine meiner Kundinnen mir verriet.
Was sind Themen besonderer Bedeutung, die Sie auch immer wieder in Ihrer Kunst behandeln?
Vor allem die Selbstbestimmtheit des Individuums. Ich bin der festen Überzeugung, dass ich mein Schicksal zu einem Großteil selbst gestalten kann. Demnach bin ich auch ein großer Verfechter davon, für mich und meine Ziele einzustehen. Mein inneres Verlangen danach, mein Leben anders zu gestalten, als es die Gesellschaft vorlebt, übertrage ich ungefiltert auf meine Kunst. Das ist auch in meinen Werken zu sehen, da diese keinen klaren Regeln folgen und sich sämtlichen Einschränkung durch Grenzen entziehen.
Können Sie uns ein wenig mehr über die „Desnúdate“-Serie erzählen?
In meiner neuen Serie „Desnúdate“ (deutsch: zieh dich aus) behandle ich den Ausdruck nackter Körper als rebellischen Akt gegenüber gesellschaftlichen Normen und Erwartungen. Durch die unzensierte Darstellung der Körper soll der Betrachter dazu inspiriert werden, sich seiner gesellschaftlichen Zwangsjacken bewusst zu werden und sich anschließend davon befreien.
An welchem Punkt in Ihrem Leben haben Sie begonnen, sich als Künstler zu identifizieren?
Ganz klar 2019, als ich für sieben Monate in Chile gelebt habe und Teil der damaligen Massenproteste für soziale Gerechtigkeit wurde. Zu dieser Zeit habe ich so viele inspirierende Menschen kennengelernt, die wortwörtlich mit vollem Körpereinsatz für das Leben protestiert haben, das ihnen zusteht. Das hat einiges mit mir gemacht und mir gezeigt, dass es nur an mir liegt, was ich aus meinem Leben mache. Meine Träume werden mir nicht in den Schoß fallen, solange ich nichts dafür tue. Diese Einsicht hat mich noch in Chile dazu inspiriert, mir ein kleines Atelier in der Hauptstadt einzurichten, wo auch mein erstes Aktgemälde auf Leinwand entstanden ist.
Wie kommt es zu Ihren Ideen und wie entwickeln Sie diese?
Meine Ideen entspringen meist meinem eigenen Drang danach, mich von gesellschaftlichen Rollenklischees zu befreien. Leider werde ich als Frau nicht immer genauso ernst genommen wie meine männlichen Zeitgenossen, aber dieser Fakt spornt mich nur noch mehr an zu denken: Jetzt erst recht! Daher sind meine unzensierten, meist weiblichen Aktgemälde für mich ein Ausdruck meiner Stärke und meines Willens.
Welche Orte / Räume haben eine besondere Bedeutung in Ihrer Kunst?
Wie ich in Chile bewiesen habe, gibt es keinen konkreten Ort oder Raum dafür. Ich kann überall kreativ sein. Es sind eher die äußeren Einflüsse, die den größten Teil zur Inspiration meiner Kunst beitragen.
Umgeben Sie sich mit anderen Künstlern? Wie sieht Ihr Umfeld aus? Gibt es hier Menschen, die auf Ihre Kunst einen Einfluss haben?
Ich stehe in Kontakt mit zahlreichen Künstlern – ein weiterer Vorteil der sozialen Medien. Dadurch konnte ich schon den ein oder anderen sehr inspirierenden Charakter kennenlernen. Das schätze ich sehr!
Welche Rolle spielen Innovation und Tradition für Sie?
Eine sehr große, da ich mich sehr für die Rolle der Frau in der Gesellschaft interessiere, von damals bis heute. Das heißt nicht, dass ich selbst ein sehr traditioneller Mensch bin, eher im Gegenteil. Ich bin inspiriert davon, Altes zu hinterfragen und neue Wege zu erkunden.
Gibt es ein Kunstwerk in Ihrem Leben, dass Sie besonders beeindruckt hat?
Der Kuss von Gustav Klimt hat bei mir bleibenden Eindruck hinterlassen, da mir dieses Gemälde in meiner Jugend immer wieder begegnet ist. Ich war damals fasziniert von der gegenseitigen liebevollen Hingabe des Paares. Wobei mich schon immer gestört hat, dass die Frau vor ihrem Mann kniet. Gleichzeitig sehe ich auch eine große Abhängigkeit des Mannes, der sich weit nach unten beugen muss, um seine Frau im Arm halten zu können. Beide nehmen in meinen Augen eine unnatürliche Haltung ein, um einander nahe sein zu können, als Zeichen gegenseitiger Kompromissbereitschaft.
Was ist Ihr Alleinstellungsmerkmal, mit dem Sie sich von anderen Künstlern unterscheiden?
Ich denke vor allem, dass ich mein Herz auf der Zunge trage und klare Ziele und Vorstellungen davon habe, was ich erreichen möchte, und mir dabei herzlich egal ist, was andere darüber denken.
Haben Sie aktuelle oder zukünftige Projekte, über die Sie gerne sprechen möchten?
Aktuell ist mir wichtig, mich noch weiter auf die Kombination von Abstraktion und Aktmalerei zu konzentrieren. Ich möchte meinen Stil dahingehend weiter ausbauen und festigen, da ich noch unheimlich viele Ideen im Kopf habe. Ausstellungen werde ich erst gegen Ende des Jahres planen. Sobald Genaueres bekannt ist, informiere ich darüber auf meiner Website.